Der Klimawandel bedroht die Zukunft unseres Planeten und ist gleichzeitig so komplex und überwältigend, dass viele resignieren. Wie also sollen Kinder verstehen, was Erwachsene schon kaum fassen können? Und wo fangen Eltern an?
Auszug aus dem Artikel:
Ein unvermeidbares Zusammentreffen: Warum Eltern vorbereitet sein sollten
Spätestens ab dem Grundschulalter werden Kinder höchstwahrscheinlich mit vielen Herausforderungen wie Klima- und Umweltthemen auch ohne ihre Eltern konfrontiert – sei es in der Schule, in Vereinen, in den Nach-
richten oder Social Media, meint Christian Klöckner, Umweltpsychologe an der Universität Trondheim. Er hat schon 2010 untersucht, welche Gefühle 9-14-Jährige mit dem Klimawandel verbinden: Von Wut, Frust, Trauer über Motivation, selbst etwas ändern zu wollen, sei alles dabei gewesen – wie bei Erwachsenen auch.
Anders als wir Erwachsenen müssten Kinder aber erst noch lernen, diese Gefühle zu erkennen und damit um-
zugehen. Eltern sollten deshalb die Reaktion ihrer Kinder ernst nehmen: „Nicht sagen: ‚Das Problem ist nicht
so schlimm.‘ Oder: ‚Jetzt mach‘ dir darüber mal keine Gedanken oder das verstehst du nicht.'“ Stattdessen: Gefühle ansprechen und konstruktiv überlegen, was man tun kann.
Eltern sollten die Wahrheit sagen, aber eben in einem Rahmen, den das Kind versteht und verkraftet
Klingt einfach, mit den verunsichernden Nachrichten der letzten Zeit aber auch utopisch. Julia Asbrand, Pro-
fessorin für klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters in Jena, rät deshalb Eltern, erst einmal dazu vorzuverdauen – etwa mit anderen Erwachsenen über die Gefühle zu sprechen: „Das müssen wir vorschalten, bevor wir mit Kindern darüber reden.“ Nicht etwa, um die Dinge dann schönreden zu können, im Gegenteil: El-
tern sollten die Wahrheit sagen, aber eben in einem Rahmen, den das Kind versteht und verkraftet. Die Wörter Klima, Artenschutz oder Biodiversität muss man dabei nicht unbedingt in den Mund nehmen.
„Kinder lernen ja auch an uns, wie wir zum Beispiel mit solchen komplexen Situationen umgehen. Das heißt, unsere Kinder müssen wir auch auf eine Welt vorbereiten, die komplex ist, die positive Dinge beinhaltet, aber auch negative Dinge.“
Julia Asbrand, Professorin für klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters
Altersgerecht und objektiv: Die richtigen Werkzeuge für ein Kind
Denn um proaktiv zu werden, muss ein Kind nicht das große Ganze verstehen. Im Gegenteil: Es hilft, die gro-
ße komplexe Herausforderung namens Klimaschutz in kleine lösbare Einzelteile zu brechen, meint Christian Klöckner. Das fängt schon im Kleinen an: „Wenn das Kind von sich aus jetzt zum Beispiel Müll entdeckt und darauf reagiert, ist das ja ein guter Ansatz, das aufzugreifen und zu sagen: ‚Ja, es ist blöd, wenn hier Müll her-
umliegt, weil: das könnte ja ein Effekt haben auf Tiere, die da leben.'“ Mit älteren Kindern könne man beim Einkaufen überlegen, wo die Sachen herkommen oder den Fleischkonsum gemeinsam einschränken. Wich-
tig sei, dass Kinder Möglichkeiten hätten, die in ihrem eigenen Handlungsspielraum liegen. Das helfe auch insgesamt der psychischen Gesundheit, ergänzt Julia Asbrand.
Für Kinder gibt es ständig neue Informationen, neue Gefühle, neue Herausforderungen, mit denen sie umgehen können müssen.
Wichtig sind Julia Asbrand zufolge hier zwei Dinge: Erstens soll jedes Kind ‚Nein‘ sagen dürfen. Wenn es die Information nicht hören will, keine Lust auf Experimente hat oder einfach für sich selbst andere Prioritäten
setzt, sei das vollkommen in Ordnung. „Für Kinder gibt es ständig neue Informationen, neue Gefühle, neue Herausforderungen, mit denen sie umgehen können müssen.“ Das Klima sei, wenn überhaupt, nur eine davon. Und zweitens sollten Eltern nichts verteufeln: Weder das Blumenpflücken, noch den Nachbarn, der mit ei-
nem großen SUV herumfährt. Das schaffe Feindseligkeit, dabei gehe es doch explizit darum, „gemeinsam
auch wertzuschätzen, dass wir eine Welt um uns herum haben, die für uns wichtig ist, von der wir abhängen“.
>>> zurm Artikel: „Wie wir Kindern den Klimawandel erklären können“ (externer Inhalt auf mdr.de)
Urheberrechtshinweis
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Ergänzende Artikel und Informationen (externe Inhalte)
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