Wenn Kritik an Pädagogik zu reißerisch ist, lädt sie viele zur Zustimmung ein, gefährdet aber das pädagogische Handeln.
Anmerkung der Redaktion
In dem nun folgenden Beitrag heißt es u. a. „Altes gilt häufig automatisch als „besser“; neue Wege als Irrungen.“ Wir werden zeitnah auch gegenteilige Standpunkte dokumentieren. Bitte bedenken Sie, dass
Diskurse anstrengend und herausfordernd sein können. Wir gehen davon aus, dass unsere Leserinnen
die Kraft und die Toleranz haben, unterschiedliche Standpunkte auszuhalten und dies auch wollen!
Leicht gekürzte Auszüge aus dem Artikel:
An vielen Stellen erleben wir Vereinfachungen komplexer Themen
Das Internet ist ein guter Ort für eine schnelle Meinung zur Wirtschaftspolitik, zu Lehrplänen oder zur Deutschen Fußballnationalmannschaft. Dabei werden komplexe Inhalte vereinfacht. Oft sind die Grundannahmen nicht kor-
rekt, auf denen eine Meinung aufbaut. Der Tenor solcher Äußerungen ist zumeist negativ und destruktiv. Es wird gemeckert und beschuldigt, aber realistische, fachlich versierte Lösungen sucht man vergeblich. Und Altes gilt häufig automatisch als „besser“, neue Wege als Irrungen.
Aus den Kommentarspalten heraus, hinein in die Realität
Nun könnte man sagen, wenn irgendwer im Internet postet, ist fehlende Fachlichkeit ja geradezu zu erwarten. Zudem sind unbegründete Rückschlüsse im Grunde egal. Die Äußerungen kann man einfach ignorieren. Doch diese Art der Kommunikation fördert eine problematische Entwicklung. Denn zum einen gewöhnen Lesende sich an die Verallgemeinerungen und an das Marktschreierische, das nur mit dem Finger auf etwas oder jeman-
den zeigt, aber trotz Besserwisserei eigentlich nichts Besseres anbietet. Und zum anderen findet diese Art der Kommunikation immer mehr ihren Weg aus Social Media und den Kommentarspalten heraus. Heraus und hin-
ein in die Realität und macht auch vor der Pädagogik nicht Halt.
Unbelegte Annahmen als effektheischend formulierte Tatsachen
So gibt es immer wieder Personen, oft Fachmenschen, aber häufig auch aus ganz anderen Disziplinen (wie Me-
dizin oder Philosophie), die sich pädagogischer Themen annehmen. Sie zerpflücken sie von außen und veröf-
fentlichen Texte u Theorien, vor denen zu warnen ist. Sie bieten teilweise undifferenzierte Inhalte auf der Grund-
lage einer eigenen, oft fragwürdigen These.
Zum Beispiel wird eine unbelegte Annahme als effektheischend formulierte Tatsache hingestellt:
- „Heutige Kinder sind lebensunfähig.“ oder
- „Heutige Eltern (besonders die Mütter) sind zu eng an ihre Kinder gebunden.“ oder aber
- „Partizipation in einer Kita bedeutet einen laissez-fairen Erziehungsstil.“
Anekdoten, Erfahrungsberichte einzelner Personen oder fragwürdige Studien
Solch eine These wird dann ausgeschmückt und unterlegt, entweder mit eigenen Erlebnissen, die nur Anekdo-
ten sind, oder mit Erfahrungsberichten einzelner anderer Personen. Oder aber es werden als Beleg einzelne Stu-
dien herausgegriffen, deren Methodiken zuweilen fragwürdig sind oder die nicht durch eine breitere Studienlage gestützt werden können.
Monokausal aufgebaute Allgemeinplätze
Außerdem wird die These gern kombiniert mit monokausal aufgebauten Allgemeinplätzen, nach dem Motto „Verhalten X zeigt sich auf Grund von Aspekt Y“, während die Wirklichkeit natürlich nie so simpel ist. Und doch verfangen diese einfachen Erklärungen, weil das Verhalten X eben so herausfordernd ist und eine Lösung gebraucht wird:
- Deshalb sind Kinder so anstrengend.
- Deshalb sind Kinder so aggressiv.
- Deshalb sind Kinder so fordernd.
Oder die These wird mit Binsenweisheiten kombiniert, die schon lange durch die Pädagogik wabern und sich hartnäckig in den Köpfen halten, obwohl sie nicht stimmen … weiter >>>
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