Viele Kinder träumen schon früh davon, selbst die nächste große Social-Media-Berühmtheit zu werden. Welche Risiken sind mit dem sogenannten „Kidfluencing“ verbunden und welche Verant-
wortung für Eltern und Pädagoginnen geht damit einher?
Leicht abgeänderter Auszug aus dem Artikel:
„Kidfluencer“ mit über 39 Millionen Abonnenten auf Youtube
Weltweit erreichen Kinder in Sozialen Medien mit Spielzeugbewertungen, Gaming, Mode oder auch ein-
fachen Alltagsberichten zahlreiche Zuschauer. In einigen Fällen stehen die Kinder schon in frühsten Kin-derjahren vor der Kamera, wie beispielsweise Ryan Kaji, der bereits mit drei Jahren im Jahr 2015 zu ei-
nem beliebten „Kidfluencer“ wurde und heute über 39 Millionen Abonnenten auf YouTube erreicht.
Das Risiko kommerzieller Ausbeutung
Einen kritischen Blick auf das Leben von Kindern als Influencer und die Rolle von Eltern wirft aktuell die Dokureihe „Bad Influence: The Dark Side of Kidfluencing“. In der Serie geht es um Piper Rockelle und
ihre Mutter und Managerin Tiffany Smith, die ihrer Tochter sowie weiteren Kindern auf YouTube zu mul-timillionen-facher Berühmtheit verholfen hat. Die Serie bietet einen tieferen Einblick auf d Druck, dem minderjährige Influencer ausgesetzt sind und das Risiko kommerzieller Ausbeutung.
„Kidfluencing“ – Wie werden junge Influencer und Influencerinnen geschützt?
Erziehungsberechtigte tragen die Verantwortung, wenn ihre Kinder als Influencer aktiv sind. Sie müssen sicherstellen, dass die Aktivitäten ihrer Kinder den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und das
Wohl ihrer Kinder nicht gefährdet wird.
In Deutschland unterliegt die Tätigkeit von jungen Influencer bisher noch einer Vielzahl rechtlicher Rege-
lungen, die den Schutz d Kinder gewährleisten sollen. Besonders relevant ist d Jugendarbeitsschutzge-
setz (JArbSchG), das klare Vorgaben für die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen von Minderjährigen
macht. Unter 15 Jahren dürfen Kinder keiner Beschäftigung nachgehen, Ausnahmen gelten jedoch u.a.
für die Arbeit vor der Kamera. Erziehungsberechtigte müssen der Arbeit vor der Kamera grundsätzlich
zustimmen, wobei die Tätigkeit nicht die Gesundheit oder schulischen Leistungen beeinträchtigen darf.
Für Kinder unter 15 Jahren bedarf es außerdem einer behördlichen Genehmigung, in d Regel des Am-
tes für Arbeitsschutz sowie ggfs. auch dem Jugendamt.
Rechtsgutachten sieht potenzielle Gefahr von Kindeswohlgefährdung
Inwieweit der Schutz von Kindern tatsächlich gewährleistet ist, wenn Kinder von ihren Eltern regelmäßig
mit ihnen gemeinsam vor die Kamera „geholt“ werden („Family-Influencing“) oder Kinder als Kidfluencern
aktiv sind, zweifelt ein Rechtsgutachten aus dem Jahr 2024 an. Das Rechtsgutachten, erstellt im Auftrag
des Deutschen Kinderhilfswerks gemeinsam mit Campact e.V., kommt zu dem Schluss, dass die Tätig-
keit von Kindern als Influencern eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls darstellen kann.
Kommerzielle Veröffentlichung von Fotos und Videos auf Social-Media-Plattformen
Besonders die kommerzielle Veröffentlichung von Fotos und Videos auf Social-Media-Plattformen wird
kritisch betrachtet, da sie die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte der Kinder verletzen kann. In den
aktuell geltenden rechtlichen Bestimmungen sehen die Verfasserinnen zu viele Lücken sowie unzureich-
ende Kontrolle. Das Gutachten fordert daher strengere Regelungen, um die „digitale Persönlichkeit“
von Kindern zu schützen und ihre Rechte zu wahren.
Empfohlen werden rechtliche Schutzkonzepte, die sich an den von Kindern je nach
Alter entwickelten Fähigkeiten und Kompetenzen orientieren:
- Bis 7 Jahre: In diesem Alter sind Kinder besonders schutzbedürftig, daher ist die Veröffentlichung
von Fotos/Videos komplett verboten. - Ab 7 Jahren: Wenn das Kind noch nicht in der Lage ist, sich selbst eine Meinung zu bilden und die Konsequenzen z verstehen, dürfen keine Fotos/Videos veröffentlicht werden. Ein solches Verständ-
nis entwickelt sich meist erst zwischen dem 10. u 12. Lebensjahr. Falls es eine Ausnahme gibt, müs-
sen die sorgeberechtigten Personen zustimmen. - Ab 10 bis 12 Jahren: Kinder, die in der Lage sind, die Veröffentlichung ihrer Aufnahmen und damit verbundenen ggfs. Folgen zu verstehen, müssen zusammen mit d Erziehungsberechtigten zustim-
men. - Ab 16 Jahren: Jugendliche dürfen selbst entscheiden, ob Aufnahmen von ihnen veröffentlicht wer-
den, ohne dass die Eltern mitentscheiden.
Handlungsempfehlungen für Eltern und Pädagoginnen
Kinder sind je nach Entwicklungsphase und Alter nicht in der Lage, die Risiken und Konsequenzen ih-
rer Online-Aktivitäten vollständig zu verstehen und abzuschätzen. Sie sind von der Unterstützung ih-
rer Eltern abhängig, um sicher und verantwortungsbewusst mit sozialen Medien umzugehen. Viele El-
tern, die ihre Kinder beim Traum unterstützen wollen, Influencer zu werden, handeln meist aus besten Absichten. Sie möchten ihre Kinder in deren Interessen oder auch bestimmten Talenten fördern.
Ein klares Verständnis langfristigen Konsequenzen
Allerdings fehlt Erziehungsberechtigten häufig das Wissen über die rechtlichen Regelungen und potenzi-
ellen Risiken, die mit einer öffentlichen Online-Präsenz einhergehen können. Dazu zählt der Verlust der Privatsphäre, psychische Belastungen und exzessive Mediennutzung durch d Druck immer neuen Con-
tent produzieren zu müssen, Cybermobbing und sexuelle Belästigungen sowie die Gefahr der finanziel-
len und emotionalen Ausbeutung. Ohne ein klares Verständnis dieser langfristigen Konsequenzen laufen
Eltern Gefahr, unbewusst Entscheidungen zu treffen, die dem Wohl ihrer Kinder schaden können.
Handlungsempfehlungen
Die Arbeitsgruppe „Kinder-Influencing“ hat bereits im Jahr 2020 umfangreiche Handlungsempfehlungen erarbeitet, die es Eltern erleichtern sollen, ihre Kinder im Netz zu begleiten und ihnen einen reflektierten
und sicheren Umgang mit sozialen Netzwerken zu ermöglichen – insbesondere, wenn diese als Content Creator tätig werden möchten. Eltern erhalten u.a. wichtige Tipps, wie die Privats- und Intimsphäre ge-
schützt werden kann, wie die Gestaltung kindgerechter Inhalte gelingt und worauf sie bei möglichen Ko-
operationspartner*innen achten sollten.
>>> zum vollständigen Artikel auf klicksafe.de: „Social-Media-Stars im Kinderzimmer“ (externer Inhalt)
>>> Die „Handlungsempfehlungen KINDER-INFLUENCING stehen hier zum Download zur Verfügung
Weitere Informationen von .klicksafe.de
- Mein Kind möchte YouTube-Star werden – was nun?
- DKHW: „Zwischen Spielzeug, Kamera und YouTube – Wenn Kinder zu Influencern (gemacht) werden“
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Urheberrechtshinweis
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