In »Kinder brauchen Märchen« erforschte Bruno Bettelheim aus psychoanalytischer Perspektive, warum diese Erzählungen für Kinder so wichtig und faszinierend sind. – Auch heute noch?
Auszug aus dem Artikel:
Vor 200 Jahren veröffentlichten Jacob und Wilhelm Grimm den ersten Band ihrer Kinder- und Hausmär-
chen. Generationen von Kindern wuchsen mit diesen zeitlosen Geschichten auf. In „Kinder brauchen
Märchen“ erforschte Bruno Bettelheim aus psychoanalytischer Perspektive, warum diese Erzählungen
für Kinder so wichtig u fesselnd sind. Der Bestseller (im Original: The Uses of Enchantment) erschien
1977 erstmals in deutscher Übersetzung und war Bruno Bettelheims populärste Publikation.
Märchen als Instrumente bürgerlicher Repression
Die Veröffentlichung fiel in eine Zeit, in der Märchen in Verdacht geraten waren, als Instrumente bürger-
licher Repression Heranwachsenden falsche Vorstellungen und Einstellungen zu vermitteln. Die Gewalt-
darstellungen, v. a. in den Erzählungen der Gebrüder Grimm, spielten in diesen märchenkritischen Debat-
ten eine zentrale Rolle. So wurde aus gesellschaftstheoretischer Sicht argumentiert, Märchen legitimier-
ten Gewalt, indem sie aggressive Lösungsmuster anböten. Aus pädagogischer Perspektive wurde ver-
mutet, dass die dargestellte Gewalt Aggressionen und Ängste bei Kindern hervorrufen könnte.
Märchen können zum Verständnis des kindlichen Seelenlebens beitragen
Bettelheims Buch fand damals und findet auch noch heute breite Resonanz, weil er einerseits die Mär-
chen rehabilitiert und andererseits nachweist, dass diese zum Verständnis des kindlichen Seelenlebens
beitragen können. Kinder brauchen Märchen ist die erste umfassende Studie in der Märchenforschung,
die auf der Psychoanalyse Freuds beruhte.

»Bruno Bettelheims Klassiker ‚Kinder brauchen Märchen’
hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren“, sagt Oberösterreichs bekanntester Märchenerzähler Helmut
Wittmann.« Oberösterreichische Nachrichten
EUR 14,00 [DE]
ISBN : 978-3-423-35028-0
Erscheinungsdatum: 01.03.1993
38. Auflage
400 Seiten
Warum brauchen Kinder Märchen?
Bettelheim weist in „Kinder brauchen Märchen“ eine Entsprechung zwischen Märchenwelt und dem kind-
lichem Erleben und Denken nach. Dabei argumentiert er auf unterschiedlichen Ebenen und setzt die Struk-
tur des Märchens mit dem kindlichen Denken, Märcheninhalte mit Entwicklungsaufgaben des Kindes so-
wie Märchenthemen mit kindlichen Entwicklungskrisen in Beziehung. Außerdem enthält der erste Teil des
Buches theoretische Überlegungen, in denen Beobachtungen Bettelheims aus seiner kinderpsychologi-
schen Praxis auf Motive und Gestalten des deutschen Volksmärchens bezogen werden. Im umfangrei-
cheren zweiten Teil finden sich Deutungen, wie Märchen aus psychoanalytischer Sicht erfasst und ver-
standen werden können. Im Folgenden werden einige zentrale Aussagen Bettelheims zusammengefasst:
Weitere Ausführungen des Artikels
- Märchen bieten entwicklungsfördernde Projektionshilfen
- Märchen bieten Erkenntnis des Lebens von innen her
- Märchen helfen, Ängste abzubauen
- Märchen entsprechen dem Denken und Erleben des Kindes
- Kinder brauchen Märchen: Rezeption und Kritik
- Rezeption und Kritik
>>> zum Artikel: „Bruno Bettelheim: Kinder brauchen Märchen“ (externer Inhalt)
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Heike vom Orde sowie beim Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen.
Ergänzende Artikel und Informationen (alle Artikel extern)
>>> Das Ringen um den Sinn des Lebens (Kinder brauchen Märchen)
>>> Der Märchenatlas
>>> Märchenpädagogik – Informationen zum Märchen in Erziehung und Unterricht
>>> Europäische Märchenillustrationen in Geschichte und Gegenwart
Ergänzende Artikel und Informationen (alle Artikel intern auf kindheit-heute.info)
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