Ein Schüler im Rollstuhl an der inklusiven Sophie-Scholl Schule in Berlin.
Ein Schüler im Rollstuhl an der inklusiven Sophie-Scholl Schule/Berlin - © Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

»Inklusion ist kein Bullerbü« 

Niemand sagt, dass Inklusion an Regelschulen, oder ein inklusives Schul-
system durchzusetzen, eine einfache Aufgabe ist. Das Ziel ist auch nicht,
ein System zu schaffen, in dem wir uns alle lieb haben. Inklusion bedeutet, dass wir uns miteinander auseinandersetzen, ggf. streiten u jede Perspek-
tive gesehen und gehört wird. 

Auszug aus dem Artikel:

Integration oder Inklusion?
Was heute als „inklusive Schule“ betitelt wird, bleibt, so scheint es, der jeweiligen Interpretation der Schule
überlassen. Auf manchen vermeintlich inklusiven Schulen gibt es nahezu keine behinderten Kinder. Hier
wurden Kids m schlechten Schulnoten lediglich zu Schüler*innen mit Förderschulbedarf umetikettiert, um
es auf dem Papier wie Inklusion aussehen zu lassen. 

Auf der anderen Seite habe ich eine „inklusive Schule“ erlebt, auf der ausschließlich Kinder mit Behinderung waren. Wie dies mit Inklusion vereinbar sei, wurde mir so beantwortet, dass hier Schüler*innen mit ganz un-
terschiedlichen Behinderungen beschult würden. Auf meinen Einwand, dass dies keine Inklusion sei, beruhig-
te mich die Schulleitung: Immerhin sollten bald auch geflüchtete Kinder aufgenommen werden. Diese Vorge-hensweisen verwässern den Begriff Inklusion. Inklusion ist kein Sammelbecken für Menschen, die der Mehr-
heitsgesellschaft zu anstrengend sind. Innerhalb exklusiver Rahmenbedingungen kann es keine Inklusion geben. 

Und hier müssen wir auch mit einer gängigen Fehlannahme aufräumen: Inklusion ist kein Bullerbü.
Niemand sagt, dass Inklusion an Regelschulen, oder e inklusives Schulsystem durchzusetzen, eine einfache Aufgabe ist. Das Ziel ist auch nicht, ein System zu schaffen, in dem wir uns alle lieb haben. Inklusion bedeu-
tet, dass wir uns miteinander auseinandersetzen, ggf. streiten und jede Perspektive gesehen und gehört wird. 

Ich möchte nur daran erinnern, dass wir 1920 in Deutschland diskutiert haben, ob Jungs u Mädchen gemein-
sam beschult werden sollen. Und die Argumente dagegen waren die gleichen wie heute in der Inklusionsde-
batte. Da wurde gesagt, Jungs würden langsamer lernen, sobald Mädchen in der Klasse sind. Heute heißt es genauso, dass nicht behinderte Kinder durch behinderte Mitschüler*innen vom Lernen abgehalten werden. 

Wir haben uns gesellschaftlich 1920 dazu entschieden, Jungs und Mädchen gemeinsam zu beschulen und es
hat nicht bedeutet, dass wir uns die Köpfe eingeschlagen oder die Augen ausgekratzt haben. Aber es bedeutet,
dass Kinder aller Geschlechter bis heute noch lernen dürfen und müssen, miteinander umzugehen. Darum geht
es auch bei der Inklusion. 

>>> zum Artikel: „Chancengerechte und zukunftsfähige Schule für Kinder mit Behinderungen“ (externer Inhalt)

Urheberrechtshinweis
Alle Rechte des Artikels als auch dessen Auszug (s.o) liegen ausschließlich bei Raúl Aguayo-Krauthausen.

Ergänzende Artikel und Informationen (alle Inhalte extern)
>>> Website von Raul Krauthausen:
>>> Buch von Raul Krauthausen: Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden
>>> Interview mit Raul Krauthausen: „Inklusion ist nicht Bullerbü“ | DW Nachrichten
>>> Doku über Raúl Krauthausen: Inklusion, Aktivismus und gesellschaftliche Teilhabe | Laut gedacht
>>> Vortrag von Raul Krauthausen: Ist Inklusion eine Utopie?
>>> Lesung aus: „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.“ (20. 09.23 Online)

>>> Sozialhelden, ein Projekt von Raul Krauthausen

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