Eine von Terre des Hommes veröffentlichte Studie „Kinderarbeit? In Deutschland?“ zeigt, dass auch in Deutschland Kinder unter Be-
dingungen arbeiten, die ihre Entwicklung, Gesundheit, Sicherheit und Bildung beeinträchtigen.
Auszug aus der Meldung zum Kinderarbeitsreport 2024:
Terre des Hommes fordert Bund und Länder auf, sich verstärkt mit Kinderarbeit in Deutschland zu befassen
und den Kinder- und Jugendarbeitsschutz zu reformieren. »Unsere zum internationalen Tag gegen Kinderar-
beit veröffentlichte Studie „Kinderarbeit? In Deutschland?“ zeigt, dass auch in Deutschland Kinder unter Be-
dingungen arbeiten, die ihre Entwicklung, Gesundheit, Sicherheit und Bildung beeinträchtigen«, sagt Joshua Hofert, Vorstandssprecher von Terre des Hommes.
In der Studie fand Terre des Hommes Hinweise darauf, dass weitaus mehr Kinder unter schädlichen Bedingungen arbeiten, als den zuständigen Behörden bekannt ist.
Eine Befragung von 37 arbeitenden Kindern und Jugendlichen aus diversen sozialen Schichten in Branden-
burg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ergab 14 Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen, die eindeutig
gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz verstoßen. Dazu zählten verbotene Arbeiten wie Türstehen oder der Ausschank von Alkohol, zu lange Arbeitszeiten, Nachtarbeit oder der Umgang mit gefährlichen Werkzeugen
wie etwa großen Landmaschinen. In vielen Fällen wurde dabei das Mindestalter v 13 Jahren unterschritten.
Die meisten dieser Verstöße fanden innerhalb der Familie oder in Familienbetrieben statt. Keine dieser Tätig-
keiten war einem Jugendamt oder der Gewerbeaufsicht bekannt.
Erschwerend kommt hinzu, dass über zahlreiche Tätigkeiten von Kindern und Jugendlichen kaum etwas bekannt ist.
So schätzt das Bundesfamilienministerium, dass rund 480.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland An-
gehörige pflegen, die chronisch körperlich oder psychisch krank sind oder eine Behinderung haben. Junge
Pflegende leisten viel für ihre Familie und die Gesellschaft, sind dabei aber zugleich Risiken für ihre eigene Gesundheit, für ihr soziales Leben und ihre Bildungs- und Berufschancen ausgesetzt. Dennoch werden ihre
Belange bisher kaum wahrgenommen und berücksichtigt.
Eine neue Form der Kinderarbeit innerhalb der Familie ist die Mitwirkung von Kindern in digitalen Kanälen kommerziell arbeitender Familieninfluencer*innen.
Marketing mit Influencer*innen ist ein Milliardengeschäft, bei dem Familien vor den Augen von oftmals Milli-
-onen Follower*innen ihre Kinder einbeziehen, um Geld zu verdienen. Besonders das Zeigen von Babys und Kleinkindern bringt viel positive Resonanz. Unternehmen nutzen die Kanäle zunehmend für Werbung. Die Kin-
der werden dabei jedoch hohen Risiken ausgesetzt: Ihr Zuhause ist öffentlich sichtbar, Privatsphäre existiert
nicht, das Familienleben ist weitgehend inszeniert. Nicht nur die persönliche Sicherheit, sondern auch die Ge-
sundheit der Kinder ist gefährdet, es besteht die Gefahr von Bindungs- und Entwicklungsstörungen. »Gemäß
der UN-Kinderrechtskonvention ist das Wohl eines Kindes vorrangig zu berücksichtigen. Dies ist hier nicht der
Fall. Das Jugendarbeitsschutzgesetz erlaubt keine Tätigkeiten für Kinder unter drei Jahren.
>>> zur Meldung: „Auch in Deutschland arbeiten Kinder unter schädlichen Bedingungen“ (externer Inhalt)
>>> zum Kinderarbeitsreport 2024: »Kinderarbeit?In Deutschland?« (PDF, extern)
Urheberrechtshinweis
Alle Rechte an der Meldung als auch an deren Auszug (s.o.) liegen ausschließlich bei terre des hommes Deutschland – Hilfe für Kinder in Not.
Ergänzende Artikel und Informationen (alle Artikel intern auf kindheit-heit.info)
>>> Wenn Kinder zu Influencern (gemacht) werden
>>> Videoreportage: „Kinder-Influencer: Ist das Arbeit?“
>>> Kinder-Influencing – Kinder als »Content Creator«
>>> Influencer mit 13
>>> Zur Situation pflegender Kinder und Jugendlicher
>>> Kinder psychisch kranker Eltern in der Schule
>>> Einblicke in die Lebenswelt von Schülern, die sich um kranke Familienmitglieder kümmern
>>> Geschwister psychisch erkrankter Menschen
Ergänzende Artikel und Informationen (alle Artikel extern)
>>> Kinderarmut im Wandel der Zeit
>>> Kinderarbeit in Deutschland heute (im oberen Viertel)
>>> 23 verstörende Bilder aus der Zeit, als Kinderarbeit in den Vereinigten Staaten legal war
Lewis W. Hine ( † 3. November 1940 ) war Lehrer, Soziologe und sozialdokumentarischer Fotograf, der die Fotografie als ein politisches Mittel verstand, um Missstände aufzudecken, aber auch als ein kulturelles Medium, mit dem die Würde der Menschen bezeugt werden konnte.
Er reiste zwischen 1908 und 1918 kreuz und quer durch die USA, um im Auftrag des National Child Labor Committee, einer Organisation gegen Kinderarbeit, genau das zu zeigen: Kinder, die arbeiten mussten. Das waren in den USA um 1900 herum rund 1,7 Millionen Kinder.
>>> zu Lewis Wickes Hines Fotos auf SPIEGEL GEschichte.
>>> zum Buch „The boss don’t care“. Kinderarbeit in den USA 1908-1917 – Fotografien von Lewis W. Hine.